Oberlausitzen

Mai 13, 2024 § 2 Kommentare

Vier Tage Oberlausitz, Basislager Bildungsgut Schmochtitz, ehemaliges Rittergut in ländlicher Umgebung eingebettet in liebevoll gepflegte Parkanlage. Eine dort aufgestellte Sphinx, geschaffen im Auftrag einer ortsansässigen Gräfin von einen Dresdner Bildhauer soll an Napoleons Feldzug in Ägypten erinnern. Mir diente die Steinfigur als Vorlage fürs Zeichnen:

Eine weitere Anregung zum Zeichnen bot sich mir in Cunewalde. Vis-a-vis der dortigen, imposanten Dorfkirche stand folgende Plastik zum Gedenken an die Toten zweier Weltkriege:

Totentanz einer Tulpe

Mai 5, 2024 § 4 Kommentare

Gestern, am vorletzten Tag unseres Gnitzer Kurzurlaubes, krümmte sich an den Tulpen ein einzig verbliebenes Blütenblatt, eingekringelt und in sich gekehrt das Ende erwartend. Nichts hatte das Blütenblättchen von seiner rotvioletten, gelb gemusterten Farbe eingebüßt. Aber entfalten konnte sich der schillernde Ton nicht mehr. Die würfelartige Spitze meines permanent marker drehend, schleifend, schiebend und rubbelnd ansetzend versuchte ich, dem eigenartigen Minimalismus der sterbenden Pflanze nachzuspüren. Im folgenden wiedergegeben jede Zeichnung recto und verso (was vom Schreibmittel auf der Rückseite des Papiers sichtbar wurde, nimmt den weiteren Verfallsprozess schon voraus. Sozusagen).

Gnitzer Tulpen

Mai 2, 2024 § 6 Kommentare

Auf der Terrasse sitzend in angenehmst mild spätfrühlingshafter Sonne und vor der Kulisse des im Licht funkelnden Achterwassers springen drei Tulpen ins Auge. Kräftig rot leuchtend aber überschrittenen Zenits stemmen sie sich ihrem Ende entgegen. „Man suche nur nichts hinter den Phänomenen, sie selbst sind die Lehre“ sagt Goethe*.  Einstweilen überlasse ich das Rot der Einbildungskraft des Betrachters, und arbeite mit Permanent Marker auf Moleskine Daily Diary 2023-2024.

zitiert nach Anita Albus, Die Kunst der Künste.

Aktzeichnen

April 27, 2024 § 4 Kommentare

Inmitten der Vorbereitung zur Ausstellung war noch Zeit für einen Termin mit Modell in Mols Landens Atelier. Sehr angenehm entspannte Atmosphäre, wunderbares Modell. Unter anderem auf A3-Karton zeichnete ich in Permanent Marker und Kohle – eine Kombination, die sich spontan ergab und gut funktionierte.

„Kopfstücke“ in der Ausstellung zum Gallery Weekend Berlin

April 25, 2024 § 9 Kommentare

Morgen früh geht‘s zur Hängung der Bilder in die Brunnenstraße 145. Hier zeige ich die vollständige Serie von zwölf Kopfstücken, vor Ort zu sehen sein wird eine Auswahl der Arbeiten ab morgen bis 17. Mai.

Alle Arbeiten Fine Art Print, Acrylglas, 40×40 cm.

Ein paar Gedanken zu Anita Albus, Claude Lévi-Strauss und digitalistischer Entmaterialisierungstendenz

April 7, 2024 § 5 Kommentare

Entgegen dem Gemeinplatz besteht die Malerei nicht in der zweidimensionalen Darstellung dreidimensionaler Objekte, sondern in der Verwandung dreidimensionaler Objekte in ein anderes Objekt, das ebenfalls drei Dimensionen hat: das Gemälde.“* 

Kürzlich wieder auf die so faszinierende wie kluge Anita Albus gestoßen. In meinem Lieblingsbuchantiquariat in Darmstadt lag ihr kleines Bändchen „Liebesbande“ im Schaufenster. Erzählungen, mit einer Abbildung ihres Gemäldes Eisvogelbalg auf dem Cover. Gleich die erste zog mich hinein in den Kosmos dieser Frau. Von der schriftstellernden Malerin zur malenden Schriftstellerin gewandelt, nun 82, liegt mittlerweile ein beeindruckendes Werk vor. Vor Jahren war ich durch ihre Arbeiten zu Proust auf sie aufmerksam geworden und hatte damals begonnen, mich an ihrem wertkonservativ katholisch geprägten Weltbild abzuarbeiten. Ihr dezidierter Antimodernismus, ihre altmeisterlich gearbeiteten Bilder und ihr scharfer Intellekt, gepaart mit einem anrührenden Blick auf die Welt der Dinge, auf die Schöpfung, werden nun in Zeiten digitalistischer Entmaterialisierungstendenzen so richtig interessant durch ihr konsequentes Beharren auf der Einheit von Geist und Materie, von Sensualistik und Verstand, von Haptischem und Mentalem. Der eingangs zitierte Satz stammt von Claude Lévi-Strauss, mit dem Anita Albus eine enge Freundschaft verband. Für mich wirft er die Frage auf, was eigentlich die inzwischen so weit verbreitete Bildbetratung mittels handelsüblicher digitaler Endgeräte vor diesem Hintergrund mit dem Gemälde, der Zeichnung, oder einer Photographie macht. Eine Transformation, zweifellos. Und noch ist ein erheblicher Unterschied bei der Betrachtung von Bildern auf Handys auszumachen, je nachdem ob es sich um ein abfotografiertes „Originalobjekt“ handelt – abfotografiert in der Regel im Sinne passgenau reduzierter Darstellung des Intendierten – oder um ein digital generiertes Bild (digital nativ). In der Tradition italienischer Bildschöpfung seit der Renaissance ist die Zeichnung, das „disegno“, so etwas wie der abstrakte Gehalt eines daraus zu entwickelnden Bildes. Im Grunde gedacht als Ausformung der „Bildidee“, als Vorstufe zum eigentlichen Gemälde. Materiell erhaltenswert allenfalls als Unterrichtsmaterial. Das ist heute natürlich ganz anders. Inzwischen sind es begehrte begehrte Objekte, Kunstwerke von eo ipso. Aus Sicht der Renaissance-Künstler aber wäre das heutige digitale Medium für ihre Zwecke perfekt gewesen. Bei den künstlerischen „Endprodukten“, den Gemälden, aber trifft genau zu, was Lévi-Strauss in obigem Zitat zum Ausdruck bringt. Es sind Objekte wie alle anderen Dinge der uns umgebenden Welt auch. Aus Gründen der Kommunikation, später auch des Marktes, wurden davon Reproduktionen hergestellt (je nach Stand der Technik Stiche, Litographien etc.), und heute ist die Verfügbarkeit nach dem Boom von Druckwerken mit ihren Abbildungsmöglichkeiten nochmals gesteigert durch Vorliegen und Generieren beliebig reproduzierbarer Daten auf informationstechnologischer Basis. Und da Wertschätzung auf Individualität, Einzigartigkeit und Seltenheit basiert, wächst reziprok dazu wieder das Bedürfnis nach Materialität und Objekthaftigkeit. Schallplatten, der Verkauf „schicker“ Papiermaterialien (Moleskine u. a.), gedruckte Bücher (Phänomene wie booktok), steigende Ausleihzahlen in Bibliotheken etc. sprechen für sich. Die skizzenhaften Menschendarstellungen meines gestrigen Blogposts lassen sich digitalisiert mit einem Federstrich in die Welt hinaus kommunizieren. Aber sie sind nicht zu verwechseln mit meinem BIG-PLANS 2024-Taschenkalender, dessen Seiten sie entnommen wurden. Und natürlich nimmt man sie in der digitalen (Re)Präsentation anders wahr als beim Durchblättern des Büchleins. Der Mehrwert dieser Tage besteht für mich in der Verfügbarkeit beider Welten, analog wie digital. Die Herausforderung hingegen darin, sich von der Welt genau das zu nehmen, was einem persönlich entspricht/gut tut, und zu ignorieren, was das Marktgeschrei des Tages einem überstülpen möchte.

*Claude Lévi-Strauss. zit. nach: Anita Albus, Der gelbe und der blinde Fleck. In: Käuze und Kathedralen. Geschichten, Essays und Marginalien. Frankfurt a. M. 2014. S. 17.

Abbildung:

Hermann Paul, Grundriß der Germanischen Philologie. 2., verbesserte und vermehrte Auflage 1900 -, 1. Band, 5. Abschnitt, Sprachgeschichte, S. 929 – 8. Abschnitt, Geschichte der Friesischen Sprache S. 1621, vollständig übermalt vom Dilettanten, Berlin 2024, S. 1065.

Modelle wider Willen

April 6, 2024 § 4 Kommentare

ICE-, S- und U-Bahnfahrend ergab sich über die Ostertage reichlich Gelegenheit zum Arbeiten am flüchtigen Modell. So füllt sich mein BIG-PLANS-2024 dieser Tage rasch mit Gedanken, Notaten und Bildnereien. Ich bin also, bereits im November angelangt, meiner Zeit voraus. Ohnehin scheint mir, der April wurde über die Ostertage abgehakt und nun beginnt der Mai mit lieblichen 20 Grad.

Osterkühe

April 1, 2024 § 4 Kommentare

Nein, nicht Hasen gab‘s zu Ostern. Kühe warteten auf der dem Häuschen im hessischen Vogelsberg benachbarten Weide darauf, nicht verspeist, und sei es aus Schokolade, aber doch gezeichnet zu werden. Als ich mich mit Kladde, Zeichengerät und Stühlchen bestückt dem Zaun näherte, bemerkten mich die noch jungen Kühe sogleich und kamen herbei getrabt. Freilich mehr an Naturalien als an Kunst interessiert langweilten sie sich bald in meiner Gesellschaft und zogen schnaubend und prustend ihrer Wege. Mir hinterließen sie einen Schwarm Fliegen, der die Arbeit eine zeitlang erschwerte (ist die Fliegensaison Ende März eigentlich schon offiziell eröffnet? Oder war das jetzt eine Art „Anfliegen“?)

As silence drowns the screams…

März 24, 2024 § 4 Kommentare

Confusion will be my epitaph.

As I crawl a cracked and broken path

If we make it we can all sit back 

and laugh.

But I fear tomorrow I‘ll be crying.

Yes I feel tomorrow I‘ll be crying.

crying.

crying.

Yes I feel tomorrow I‘ll be crying.

Yes I feel tomorrow I‘ll be crying.

Yes I feel tomorrow I‘ll be crying.

crying.

Mit einem Paukenschlag betrat King Crimson 1969 die Szene. Ich entdeckte die Band pennälernd ein paar Jahre später. Zu spät, als dass ich ihrem einzigen Auftritt in meiner Heimatstadt Darmstadt 1972 hätte beiwohnen können. Verblüffenderweise an genau jenem Ort, den ein Haufen Grünschnäbel, mich eingeschlossen, nur wenige Jahre später auch bespielte: das Foyer des Staatstheaters Darmstadt. Die Aufbruchsstimmung der Endsechziger, die Erwartung einer ganzen Generation, gerichtet auf eine endgültige Abschaffung vermurkster Politik, war vorbei. Dass die Flower-Power-Generation mit Tränen der Ernüchterung würden rechnen müssen, wusste King Crimson schon 1969. Der Aufbruch ist weg, geblieben ist eine Kunst, Musik vor allem, die es in sich hat.

The fate of all mankind I see

is in the hands of fools.

Alle Zitate: Peter Sinfield. King Crimson, Epitaph. In the court of the Crimson King. LP Dezember 1969.

Zeichnung: Tusche und Eitempera auf chinesischem Papier. Nach einer Plastik im Bode-Museum („Schreiende Frau“)

booktok

März 18, 2024 § 4 Kommentare

Die Amerikaner überlegen, wie sie tiktok verbieten können, und junge Menschen feiern tiktokenderweise ihre Lektüreerfahrungen. Es ist wieder en vogue, zu lesen, darüber zu reden und superhaptische Bücher in die Kamera zu halten, nachdem man sie gelesen hat.* Der Untergang des Abendlandes muss mal wieder warten, die Buchbranche feiert. Und in der Staatsbibliothek mit ihren über 12 Millionen Büchern gab es letzten Samstag einen regelrechten Ansturm zum Tag der Offenen Tür. Vielleicht erinnert sich ja noch wer an ein Gerät namens Kindle. Was gestern Zukunft schien, ist verdampft ehe man es richtig greifen konnte. Neben dem Lesen (und Besitzen) von Büchern bin ich persönlich übrigens auch ein großer Freund des up- (nein, nicht: re-) cyclens alter Bücher. Be-, An- und Übermalen verbindet das Hier und Jetzt mit längst vergangener Materialisierung geistiger Prozesse.

*(siehe Tobias Rüther in der FAZ vom 17.03.24)

Fotos: Staatsbibliothek zu Berlin, Gebäude Unter den Linden

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