Aktzeichnen

April 27, 2024 § 4 Kommentare

Inmitten der Vorbereitung zur Ausstellung war noch Zeit für einen Termin mit Modell in Mols Landens Atelier. Sehr angenehm entspannte Atmosphäre, wunderbares Modell. Unter anderem auf A3-Karton zeichnete ich in Permanent Marker und Kohle – eine Kombination, die sich spontan ergab und gut funktionierte.

embedded figures

April 19, 2023 § Hinterlasse einen Kommentar

Auf der Staffelei stand lange Zeit ein großformatiger grauer Karton mit zwei übungshalber skizzierten Figuren. Im Schatten und teils überdeckt von jeweils aktuellen Arbeiten. Gegen Ende meiner letzten Sitzung, wie immer im Atelier Mols Landen, blieb Farbe übrig, und ich entschied mich spontan, sie auf dem grauen Karton um die zwei Figuren herum zu verteilen. Und plötzlich brannte die Skizze. Die Figuren, obwohl nicht verändert, traten in Aktion, jede auf ihre Weise. Ein Lehrstück über die Wirkung von Farbe, über funkenschlagende Kontrastierung und die Wirkmächtigkeit einer spontanen, absichtslosen Geste. Wobei ich immer schon den Verdacht hatte, dass der Zufall die kreativeren Ideen freilegt.

learning what I wasn‘t doing

November 14, 2020 § 5 Kommentare

Klavierspielen, sofern man es nicht rein perkussiv betreiben will, ist permanetes Ankämpfen gegen den Tod. Jeder Ton stirbt, kaum ist er angeschlagen. Die Saite bekommt nur diesen einen Impuls, dieses eine Lebenszeichen, danach ist sie zum Verklingen verureilt. Da hilft weder Hoffen noch Bangen, Drücken und Schieben schon mal gar nicht. Nachgetretenes rechtes Pedal schafft für einen Moment zusätzliche Resonanz und öffnet den Ton ein letztes Mal auf dem Weg in die Stille. Wie aber aus diesen reanimationsunfähigen Patienten eine Melodie formen? Wie den Bogen spannen, dem Wechsel im Ein- und Ausatmen den höheren Sinn verleihen? Wie nachahmen, was Sängerinnen, Geiger mühelos vormachen? Wie stets im Leben hilft Einbildungskraft gepaart mit ein paar Tricks die geeignet sind, das menschliche Ohr zu überlisten. Große Pianistinnen schaffen das. Keith Jarrett ist so einer. War so einer, muss man präsizieren, seit er kürzlich bekannt gab, nach zwei Schlaganfällen nie wieder mit beiden Händen Klavierspielen zu können. Die linke ist seither gelähmt. Unnötig zu betonen, dass Jarret mit dieser Linken allein ein ganzes Orchester zur Verfügung stand. Wie er dann seine Rechte vors Orchester zu stellen imstande war, ihr primadonnenhaft alle Freiheiten ließ und über allem doch eine höhere Instanz waltete  – pure Magie.

Der zum Sterben verurteilte Klavierton – wie also beginnt er zu leben? Um davon eine Ahnung zu bekommen, hilft ein Blick auf den klavierspielenden Jarrett. Es wird sofort klar, dass hier einer derart perfekt den Spielapparat beherrscht – und mit Spielapparat ist hier nicht wie im herkömmlichen Klavierunterricht der Finger/Arm/Schulterbereich gemeint, sondern alles zwischen kleinem Finger und großem Zeh – dass jeder einzeln angeschlagene Klavierton, jede noch so beiläufig gestreifte Taste in einem großen Ganzen aufgeht. Und da lebt, pulsiert, wogt und webt alles in einem Organismus, den schnöde mit „Musik“ zu bezeichnen fast schon Blasphemie wäre. Denn Klang ist es zwar, was man vernimmt, aber als Vorschein von etwas, das auf jeden Fall sehr groß ist, vielleicht universell. Und so ringt Jarrett mit dem Flügel, knetet die Finger in ihn hinein, windet sich und tanzt mit dem halbtonnen schweren Ungetüm den Ringkampf zweier Giganten. Zweier ineinander verliebter Giganten. Denn hier vereinigt sich ein Liebespaar auf offener Bühne. Das hat seinen Preis. Trotz athletischer Konstitution zwang totale Erschöpfung Jarrett bereits vor zwanzig Jahren zu einer zweijährigen Spielpause. Und nun das endgültige Aus. Von meiner Liste der Musiker, die ich hoffte einmal im Leben live erleben zu dürfen, muss nun, nach Bowie, auch er gestrichen werden. Es bleiben die Aufnahmen, und spektakuläre Videos und Filme. In der sehr zu empfehlenden Dokumentation „Keith Jarrett – The art of Improvisation“ (zu sehen auf youtube) spricht er darüber, wie er versuchte der Falle zu entgehen, sich improvisierend zu wiederholen: „Learning, what I wasn‘t doing.“ Welche Herausforderung für einen, der eigentlich alles kann. Und wie aktuell jetzt, wo er lernen muss, nicht mehr Klavier zu spielen. 

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Oktober 26, 2020 § 5 Kommentare

Das Modell vor Beginn der Sitzung:

und währenddessen:

Generation instagram II

Juni 30, 2019 § Ein Kommentar

 

Gruppe wölkef

 

(hier ging‘s los mit der Serie)

In Positur und anderswo (II)

März 11, 2019 § 2 Kommentare

Faule Menschen haben’s schwer. Ich z. B. bin zu faul, meinen Kohlestift anzuspitzen, sodass ich mit immer mehr Kraft und Brachialraffinement dem Papier die Kohle eintreiben, oder – anders herum – dem Stift die Kohle abpressen muss. Unnötig zu sagen, dass die feine Linie vor der rohen Kraft oft genug in die Knie geht, mäandert, wegrutscht, oder sich gar nicht erst materialisiert und nur Einkerbungen Spuren des Gewaltexzesses hinterlassen. Im Grunde ist das mein Ringen mit der Figur, dem Abbild dessen, was in der Natur so leicht und locker daher kommt, auf dem Papier aber wegrutscht. So offenbart sich ästhetisch im Ergebnis der Prozess. In moralischer Hinsicht leiste ich Abbitte dafür, dass jeder aufs Papier gebrachte schöne weibliche Körper – in Posen zumal, die gewisse Reize zur Schau stellen, sie geradezu zu Markte tragen und damit durch implizierte Ökonomisierung abwerten – die abgebildete Person kastriert. Man verzeihe mir diesen schiefen Vergleich, aber doch kommt es mir so vor, dass eine auf ihre Sexualmerkmale reduzierte Frau sich ähnlich fühlt muss wie ein Mann, den man seiner Potenz beraubt – nur eben mit umgekehrten Vorzeichen. Sei‘ drum. Am Ende gibt’s dann etwas Farbe auf die erkratzten Linien. Zum Trost.

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Augen auf beim Musikgenuss

Januar 31, 2019 § 6 Kommentare

Musik ist Klang. Klar. ——- Aber nein! Musik ist viel mehr: Bewegung, Sehen, Spüren, Augenweide…

Bei Rockkonzerten ist die Show Teil des Ganzen. Selbst bei den Shoegazern, wo sich alle Bewegung im großen Zeh akkumuliert. Aber die abendländische sog. Kunstmusik, die „Klassik“ hat seit dem 19. Jahrhundert Musik auf Klang reduziert. Im Grunde sogar auf die Essenz einer Komposition, eines „Werks“, vollständig rezipierbar als Text im Studium der Partitur. Maßgeblich daran beteiligt war Eduard Hanslick, der Marcel Reich-Ranicki der Musik des 19. Jahrhunderts. Er erklärte Musik zum „Spiel tönend bewegter Formen“ und reinigte sie von allem vermeidlich außermusikalischen Ballast. Davor war Musik stets Ereignis, gesellschaftlich eingebunden am Hof, im bürgerlichen Heim, im Salon, in der Kirche, auf der Straße. Sie existierte als Funktion für alles mögliche, und dass sie zu Hören war, war nur Teil einer Einheit aus Zeigen, Sehen, Spüren (der Sound der voll registrierten Orgel, da flatterten den Schäfchen die Hosenbeine). Unzählige Maler hatten kein Problem damit, Musik, nämlich das Musizieren, zu verbildlichen. Aber die Idee des autonomen Musikwerkes machte dem den Garaus. Zwar setzen sich Besucher eines Klavierkonzertes auch gerne mal so, dass sie der Pianistin auf die Finger schauen können, doch gilt unter Puristen das Dogma eines reinen Konzertgenusses, bei dem alle Optik bloß störendes, weil ablenkendes Beiwerk ist. Ausnahme vielleicht der Dirigentenstarkult, den Karajan meisterlich beherrschte. Aber ich erinnere mich an einen seiner letzten Auftritte in der Berliner Philharmonie, er musste am Pultgerüst angeschnallt werden um nicht als etwaiger Begründer des Stagedivings in die Klassikgeschichte einzugehen (hat inzwischen Chilly Gonzales erledigt). Nein, man erfreue sich an der Performance eines Glenn Goulds, der sein eigenes Spiel dirigierte und den Klang von unter dem Flügel hervor zauberte. Wie sich einer bewegt beim Musikmachen, das ist nicht nur Ausdruck körperlicher Geburtswehen, es macht Musik erlebbar jenseits aller Schallwellen. Das Klassikkonzert der Zukunft – Musikmanager hergehört! – findet im Club statt, und alle tanzen. Hugh.

 

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P. S. Die Idee zu diesem Beitrag verdanke ich einem Aufsatz von Nicholas Cook: Klang sehen, Körper hören. Glenn Gould spielt Weberns Variationen für Klavier. In: Musik und Geste: Theorien, Ansätze, Perspektiven. Herausgegeben von Katrin Eggers und Christian Grüny. Paderborn 2018. S. 71ff.

Über das Leben im knisternden Scheiterhaufen

Januar 29, 2019 § 15 Kommentare

Walter Benjamin zufolge wohnt jedem Portrait Trauer inne, da es den Tod des Portraitierten antizipiert. Das Portrait verlängert die abgebildete Person über den Tod hinaus und zeigt daher mit dem Finger auf das Ende. Ist das Portrait gealtert, weit über den Tod des Abgebildeten hinaus, kehrt sich die Trauer in Trost: das Leben war nicht vergeblich, das fortdauernde Bild kündet späteren Generationen vom Wirken eines Menschen, es dokumentiert: hier hat Einer gerungen, hier hat Eine gelitten. Auch in der verbreitetsten Ausprägung des Portraits der Jetztzeit, dem Selfie, steckt Trauer. Im naiven Bemühen um Eingang ins Digital-Ewige hinein, im Wunsch, dort eine neue Heimat zu finden, wo die Vergänglichkeit alles Materiellen aufgehoben scheint. Schaut man in die Instagram-Welt, glotzt die globale Vanitas-Fratze zurück. Alles eitel und nichtig. Und ein Fest. Ja, ein großes Fest. Und dazu legen wir unsere Lieblingsplatte auf, spielen die immer gleiche Stelle, bis sie knistert wie ein Scheiterhaufen. So ist’s drüben im Studio Glumm nachzulesen, in diesem fulminanten Text über das schöne, gefährliche Leben.

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selbst rauchend

Forget me not

Januar 18, 2019 § 4 Kommentare

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Wer über ein gutes Gedächtnis verfügt, hat’s leichter in der Welt. Er mehrt spielend sein Wissen, setzt in Verhandlungen souveräner seine Interessen durch und besticht durch Aufmerksamkeit anderen Menschen gegenüber. Allen anderen winken gut gemeinte Ratschläge, die weniger eine echte Hilfe bieten, als der Selbstbeweihräucherung unserer Gedächtniskünstler dienen. Gerne wird nämlich behauptet, wer sich etwas nicht merken könne, gehe eben nicht aufmerksam genug durch die Welt. Oder sei schlicht zu faul, auch mal sein grauen Zellen so richtig anzustrengen. Dies beruht freilich nicht auf Erkenntnis darüber, wie ein gutes Gedächtnis funktioniert, und wie man es bekommt, sondern ist ein dezenter Hinweis darauf, dass der Träger des guten Gedächtnisses eben unglaublich aufmerksam und wahnsinnig fleißig ist. Wer etwas kann, schreibt sich dieses eben gerne auf die eigenen Fahnen. Fühlt sich einfach besser an. Nur die wirklich Großen, Nobelpreisträger etwa oder berühmte Pianisten, geben sich gesprächsweise bescheiden und erzählen gerne, dass sie einfach Glück hatten mit ihren Gaben. Arthur Rubinstein beispielsweise, der wohl zugab, die ein oder andere Tonleiter geübt zu haben, jedoch sehr widerwillig, und nur, weil am oberen und unteren Ende der Klaviatur jeweils ein Bonbon auf die Tonleitermüde Hand wartete. Das ist natürlich kokett, bestätigt aber grundsätzlich meinen Eindruck, dass nur der ehrgeizige „Mittelbau“ sich gerne seines Fleißes und intellektueller Kraftanstrengungen rühmt. Aber worauf wollte ich eigentlich hinaus… äh, vergessen. Sorry!

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—  Ach ja, – : wie erlangt man ein gutes Gedächtnis? Ganz einfach: Im dem Moment, wo die guten Gene verteilt werden, als Erster „hier!“ rufen. Allen, die den Moment verpennt haben, hilft danach nur, sich Eselsbrücken zu bauen, imaginäre Schnüre durchs Wohnzimmer zu spannen und sich in Frustrationstoleranz zu üben. Und – aber dafür habe ich ein halbes bis dreiviertel Leben gebraucht – sich den Druck der Gedächtniskünstler nicht zu eigen zu machen und gegen die eigene Schwäche ankämpfen, sondern sie annehmen und als das feiern, was sie ist: als die Kunst, zu vergessen. Und da fällt mir eine Anekdote ein, die sich wirklich zugetragen hat, denn ich selbst war der Held. In einer Zeit, als ich intensiv Musik machte, mit Keyboard, mit Computer, in der Band, alleine, und komponierte, stand ich mal in einer Kantine in der Schlage vor der Essensausgabe, und summte so unwillkürlich eine Melodie vor mich hin. Sie ging mir nicht aus dem Kopf weil sie mir so gut gefiel, mich geradezu euphorisierte. Nun wollte ich aber wissen, von wem stammt sie, und überlegte und überlegte, bis es mir plötzlich wie Schuppen von den Ohren fiel: sie war ja von mir selbst. Zu vergessen ist das Glück, wiederzufinden.

Körperstudien. Aus der Kraft der Eselsbrücke

Januar 17, 2019 § 6 Kommentare

 

Die Kraft der Eselsbrücke. Will ich mir einen Begriff, oder einen ungewöhnlichen Namen merken – Guiomar Novaes zum Beispiel – dann überlege ich mir ein ähnlich klingendes, wohl bekanntes Wort dazu. Über dieses zusätzlich gelernte Wort komme ich dann auf den Namen, wenn er mir mal wieder nicht einfällt. Was ja erstaunlich ist, denn warum sollte es helfen, sich für das Memorieren eines Wortes ein zusätzliches einzuprägen. Das ist ja so, als würde mir der Marathon leichter fallen, wenn ich gleich einen zweiten hinterher laufe. Die Erklärung ist dennoch einfach.  Wenn den Menschen etwas glücklich macht, sind es Verbindungen. Zu anderen Menschen. Zu Dingen, von Gedanke zu Gedanke usw. Überhaupt wenn sich alles fügt, „rundet“, wie man so sagt. Was, den kennst du auch!? Und schon ist man sich ein Stück näher gekommen auf der Party. Über den interessanten Künstler xy habe ich neulich in einem Zeitungsartikel etwas gelesen. In einem Buch, das ich gerade zu einem ganz anderen Thema lese, taucht der Name plötzlich wieder auf. Schon bin ich elektrisiert. Usw. Genauso funktioniert unser Gehirn. Synapsen wollen sich verbinden, sie halten einander fest und mehren so Wissen und Erfahrung. Guiomar Novaes also, eine fulminante Pianistin, von der ich eine wunderbare Schallplatte besitze. Aber dazu demnächst mehr. Hier wollen sich ein paar Kohlezeichnungen mit dem Rest der Welt verbinden:

 

kopf lkrj

 

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